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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 2 Ta 60/06
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII, VO
Vorschriften:
ZPO § 115 Abs. 3 | |
ZPO § 120 Abs. 4 | |
SGB XII § 90 | |
VO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII § 1 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 2 Ta 60/06
betr. Prozesskostenhilfe
in dem Rechtsstreit
pp.
Im Beschwerdeverfahren
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 4.4.2006 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende:
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 3.3.2006 - 1 Ca 3759/04 - teilweise abgeändert:
Die Klägerin hat sich an den Kosten der Prozessführung mit der Zahlung eines einmaligen Betrages in Höhe von 680 EUR zu beteiligen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die für die Beschwerde angefallene Gerichtsgebühr wird auf 33 % ermäßigt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
1. Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Anordnung der Nachzahlung von Prozesskosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe.
Die Klägerin hatte am 3.11.2004 Klage erhoben, mit der sie sich gegen eine Kündigung wehrte und gleichzeitig Bewilligung der Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 27.1.2005 hat das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung bewilligt und bestimmt, dass derzeit nicht Zahlungen auf die Prozesskostenhilfe zu leisten seien.
Am 17.11.2005 haben die Parteien einen streitbeendenden Vergleich abgeschlossen, dem zufolge das Arbeitsverhältnis durch krankheitsbedingte Kündigung am 30.4.2005 geendet hat und die Beklagte sich verpflichtet, an die Klägerin eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes i.H.v. 6.800 EUR zu zahlen.
Die Vergütung für den beigeordneten Rechtsanwalt ist in Höhe von 936,70 EUR festgesetzt worden. Weiter sind Gerichtskosten i.H.v. 952,01 EUR angefallen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 3.3.2006 den Bewilligungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass die Klägerin eine Sonderzahlung in Höhe der vom Gericht verauslagten Prozesskosten, d.i. 1888,71 EUR, an die Landeskasse zu zahlen habe. Hiergegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, die Abfindung sei auch für den Unterhalt der Familie einzusetzen. Vorliegend habe die Abfindung zur Beschaffung eines Familien-Kfz. gedient, damit der arbeitslose Ehemann den 40 km vom Wohnort entfernten neuen Arbeitsplatz erreichen könne. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vorgelegt.
2. Die zulässige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht bestimmt, dass die Klägerin sich an den Kosten der Führung des Rechtsstreits mit einem einmaligen Betrag zu beteiligen hat. Jedoch hat es den Betrag, den die Klägerin zu leisten hat, zu hoch angesetzt.
Eine Abfindung ist als Vermögen i.S. des § 115 ZPO zu berücksichtigen. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, ihr Vermögen einzusetzen, soweit es zumutbar ist.
Die Abfindung ist als Bestandteil seines Vermögens bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (BAG Beschluss vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 - ). Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen der Partei einzusetzen. Eine als Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes geleistete Summe fällt nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Ziff. 1 bis 8 SGB XII. Sie ist nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um einen kleineren Barbetrag oder einen sonstigen Geldwert handelt, § 90 Abs. 2 Ziff. 9 SGB XII. Die Höhe des kleineren Barbetrags ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und beträgt bei Personen, die anderen nicht unterhaltspflichtig sind, 2.600 EUR. Für unterhaltsberechtigte Kinder kommen je 256 EUR hinzu. Der 22jährige Sohn der Klägerin verfügt bereits über eigene Einkünfte i.H.v. 470 EUR. Auch der Ehemann der Klägerin ist nicht auf ihre Einkünfte angewiesen. Beide sind damit nicht zu berücksichtigen. Somit ergibt sich ein Freibetrag für das Schonvermögen i.H.v. 2.856 EUR. Da die Abfindung mit 6.800 EUR vereinbart worden ist, übersteigt sie den "kleineren Barbetrag" um 3.944 EUR. Es ist der Klägerin daher zumutbar, sich an den Kosten der Führung des Rechtsstreits zu beteiligen.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Einsatz für sie eine besondere Härte bedeute. Es können von dem Vermögen weitere Beträge unberücksichtigt bleiben, soweit der Einsatz für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, § 90 Abs. 3 SGB XII. Ob der Einsatz zuzumuten ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei kommt es entscheidend auf die Höhe der Abfindung, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt an (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 24.9.1997 - 5 Ta 153/97 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05 -). Bei einer Abfindung ist der besondere Zweck der Leistung zu berücksichtigen. In der Regel wird, sofern der Freibetrag überschritten wird, ein Betrag von 10% der Abfindung einzusetzen sein (LAG Köln Beschluss vom 30.1.2002 - 7 Ta 220/01 - NZA-RR 2005, 217; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 28.4.2005 - 2 Ta 92/05 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 27.5.2005 - 2 Ta 126/05; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 4.1.2006 - 2 Ta 268/05 -). Das sind nicht die vom Arbeitsgericht genannten 1.888,71 EUR, sondern lediglich 680 EUR.
Der Kostenbeitrag von 10% der Abfindungssumme kann ausnahmsweise dann reduziert oder ganz fallen gelassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Abfindung zur Behebung einer aktuellen Notlage gebraucht wird (BAG Beschluss vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 -1 Ta 15/05 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 25.5.2005 - 1 Ta 93/05 - ). Dies ist hier aber nicht ersichtlich.
Die Klägerin kann sich weder darauf berufen, die Abfindung sei vorrangig zum Unterhalt der Familie einzusetzen. Der Sicherung des Familienunterhalts ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass bestimmte Freibeträge einzusetzen sind.
Soweit die Klägerin behauptet, die ihr gezahlte Abfindung habe dazu gedient, ihrem Ehemann ein Kfz. zu kaufen, stellt dies weder eine besondere Härte dar noch ist es glaubhaft. In der PKH-Erklärung vom 1.11.2004 hatte die Klägerin angegeben, es sei ein Fahrzeug vorhanden. Dass dieses trotz seines Alters nicht mehr verwendbar gewesen sein sollte, ist nicht dargelegt. Wieso ein zweites Kfz. angeschafft werden musste, ist nicht nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer trägt, soweit die Beschwerde erfolglos ist, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Philippi, § 127 ZPO Rz. 39). Die Anordnung der Ermäßigung der Gebühr ergibt sich aus GKG-KV Nr. 1811. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Ende der Entscheidung
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